
Die asiatische Tigermücke - eine invasive Art auf dem Vormarsch
Die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) hat in den letzten Jahren ihr Verbreitungsgebiet in Deutschland, Österreich und der Schweiz stetig ausgeweitet. Ursprünglich in Südostasien beheimatet, konnte sich diese anpassungsfähige Stechmückenart mittlerweile in vielen Regionen Europas etablieren.
Erste Nachweise der Tigermücke in Deutschland gelangen im Jahr 2007 in Baden-Württemberg. Seitdem häufen sich die Meldungen von Sichtungen und Funden, insbesondere entlang der großen Verkehrsrouten wie Autobahnen und an Rastplätzen. Auch in Österreich und der Schweiz, vor allem in wärmebegünstigten Gebieten wie dem Tessin oder dem Wallis, wurden vermehrt Exemplare dieser Mückenart identifiziert.
Die Verschleppung und Ausbreitung der asiatischen Tigermücke wird maßgeblich durch den internationalen Warenverkehr begünstigt. Eier und Larven können in kleinen Wasseransammlungen, etwa in Altreifen oder Pflanzencontainern, über weite Strecken transportiert werden und so neue Lebensräume erobern. Einmal etabliert, kann sich die Art dank ihrer Anpassungsfähigkeit rasch vermehren.
Wissenschaftliche Untersuchungen belegen die fortschreitende Ausbreitung der Tigermücke in Europa. Während die Art in den 1990er Jahren noch auf wenige Länder wie Italien und Spanien beschränkt war, hat sie inzwischen weite Teile des Mittelmeerraums besiedelt. In den letzten Jahren wurde ein verstärktes Auftreten auch in nördlicheren Regionen beobachtet. So wurden beispielsweise 2015 in Süddeutschland bereits über 50 Exemplare gefunden, 2019 waren es schon mehr als 500. Ähnliche Entwicklungen zeigen sich in der Schweiz und in Österreich, wo die Tigermücke inzwischen in allen Landesteilen nachgewiesen wurde.
Angesichts dieser Entwicklung ist es wahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren immer mehr Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz selbst Bekanntschaft mit der Tigermücke machen werden. Sei es im eigenen Garten, auf der Terrasse oder dem Balkon - die Chancen, auf die schwarz-weiß gestreifte Stechmücke zu treffen, steigen stetig.
Evolutionäre Anpassungen begünstigen die Ausbreitung
Das Vordringen der asiatischen Tigermücke in neue Verbreitungsgebiete wird durch ihre bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit ermöglicht. Von Generation zu Generation können kleine evolutionäre Veränderungen auftreten, die es der Art erlauben, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen und auch in ursprünglich ungünstigen Regionen Fuß zu fassen.
Ein Beispiel für eine solche evolutionäre Anpassung ist die Entwicklung von Kältetoleranz. Studien haben gezeigt, dass Tigermücken-Populationen in kühleren Gebieten eine erhöhte Frostresistenz aufweisen können1. Durch natürliche Selektion werden jene Individuen begünstigt, die besser mit niedrigen Temperaturen zurechtkommen, was langfristig zu einer Anpassung an gemäßigtere Klimazonen führen kann.
Auch die gemeine Stechmücke (Culex pipiens), die uns in Europa die Sommernächte mit ihrem surrenden Geräusch vor den Ohren schwer macht, war ursprünglich nur in Afrika beheimatet. Nach und nach verbreitete sich diese Art jedoch auch in Europa. Genetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Anpassung an neue Lebensräume durch Veränderungen in Genen ermöglicht wurde, die mit der Nahrungssuche und der Reproduktion zusammenhängen.
Gefürchtete Überträgerin von Krankheitserregern
Die asiatische Tigermücke ist nicht nur aufgrund ihrer aggressiven Stechattacken gefürchtet, sondern auch wegen ihrer Fähigkeit, verschiedene Viren zu übertragen. In der Fachsprache wird sie deshalb als Vektor bezeichnet, also als ein Organismus, der Krankheitserreger von einem Wirt auf einen anderen überträgt. In tropischen und subtropischen Regionen ist die Tigermücke als Vektor für Krankheiten wie Dengue-Fieber, Chikungunya und das Zika-Virus bekannt.
Besonders eindrücklich zeigte sich das Übertragungspotenzial der Tigermücke während der Chikungunya-Epidemie in der Karibik und in Mittelamerika in den Jahren 2013 und 2014. Hunderttausende Menschen infizierten sich damals mit dem Virus, das durch den Stich infizierter Mücken übertragen wird. Die Erkrankung geht mit hohem Fieber, starken Gelenkschmerzen und Hautausschlag einher. In manchen Fällen können auch langanhaltende, teils lebenslange Gelenkbeschwerden auftreten, die sich nur schwer behandeln lassen.
Auch in Europa gab es bereits vereinzelte Fälle von Reiserückkehrern aus betroffenen Gebieten, die an Chikungunya erkrankten. Für hiesige Ärztinnen und Ärzte kann die Diagnose solch exotischer Viruserkrankungen eine Herausforderung darstellen, da die Symptome oft unspezifisch sind und die Krankheiten in unseren Breiten wenig bekannt sind.
Risiko der Krankheitsübertragung in Mitteleuropa
Obwohl es in Deutschland, Österreich und der Schweiz bislang keine dokumentierten Fälle von lokalen Übertragungen tropischer Viruserkrankungen wie Chikungunya oder Dengue-Fieber durch die asiatische Tigermücke gibt, kann ein gewisses Risiko nicht ausgeschlossen werden. Entscheidend für eine mögliche Übertragung wäre jedoch, dass Krankheitserreger in ausreichender Zahl und Virulenz in unsere Regionen eingetragen werden.
Damit sich Krankheiten wie Chikungunya oder Dengue-Fieber in unseren Breiten etablieren können, müssten zunächst infizierte Mücken oder andere Überträger, die als Reservoir für die Viren dienen, eingeschleppt werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt mit Warentransporten und Reiseaktivitäten in Risikogebiete2.
Wenn sich die Krankheitserreger erst einmal in der lokalen Mückenpopulation ausgebreitet haben, könnte es zu autochthonen, also vor Ort erworbenen Infektionen kommen. Begünstigend wirken dabei hohe Temperaturen, die die Vermehrung der Mücken und die Virusreplikation beschleunigen. Vor allem in wärmebegünstigten Regionen und in Hitzesommern könnten sich daher die Bedingungen für eine Übertragung verbessern.
Trotz dieser Risiken ist eine großflächige Ausbreitung tropischer Viruserkrankungen in Mitteleuropa derzeit eher unwahrscheinlich. Die klimatischen Bedingungen sind in weiten Teilen für eine ganzjährige Etablierung der Erreger noch wenig geeignet. Zudem gibt es Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen, die eine Ausbreitung eindämmen sollen. Dennoch ist eine sorgfältige Beobachtung der Situation wichtig, um bei Bedarf schnell reagieren zu können.

Der Stich der asiatischen Tigermücke
Die asiatische Tigermücke ist tagaktiv und sticht bevorzugt in den Morgenstunden und am späten Nachmittag. Dabei sucht sie gezielt nach Wirten und orientiert sich an Körperwärme, Kohlendioxid-Ausstoß und anderen von Menschen und Tieren abgegebenen Lockstoffen. Im Vergleich zu einheimischen Stechmücken gilt die Tigermücke als besonders aggressiv und hartnäckig.
Das aggressive Verhalten der Tigermücke äußert sich in ihrem aufdringlichen Stechverhalten. Hat sie erst einmal ein potentielles Opfer ins Visier genommen, lässt sie sich auch durch hektische Abwehrbewegungen oft nicht abschrecken. Selbst wenn man die Mücke erfolgreich verscheucht hat, kehrt sie häufig wieder zurück und versucht erneut zuzustechen.
Die Tigermücke verfolgt ihre Opfer regelrecht und lässt sich auch durch Ortswechsel nicht so leicht abschütteln. Einmal einen Wirt ausgesucht, ist sie kaum noch aufzuhalten oder zu stoppen. In einer solchen Situation hilft oft nur die Flucht in geschlossene Räume. Ist dies nicht möglich, können auch kräftige Abwehrbewegungen und das großflächige Besprühen der Haut mit einem Mückenschutzmittel die Mücke zumindest vorübergehend vertreiben.
Im Vergleich dazu sind einheimische Stechmücken eher nachtaktiv und deutlich weniger hartnäckig. Werden sie bei einem Stechversuch gestört, suchen sie meist das Weite und warten auf eine neue Gelegenheit. Die Tigermücke hingegen gibt nicht so schnell auf und kann über längere Zeit um ihre Opfer kreisen.
Ein Stich der asiatischen Tigermücke kann schmerzhaft sein und starken Juckreiz auslösen. Viele Menschen beschreiben das Gefühl als intensiver und länger anhaltend im Vergleich zu Stichen heimischer Mückenarten. Ähnlich wie bei Bremsen oder Wespen können auch Schwellungen und Rötungen an der Einstichstelle auftreten.
Im Gegensatz zu Bienen oder Wespen hinterlässt die Tigermücke jedoch keinen Stachel in der Haut. Der Juckreiz und die Schwellung werden durch den Speichel der Mücke verursacht, den sie beim Stechen injiziert, um die Blutgerinnung zu hemmen. Im Vergleich zu Stichen der heimischen Stechmücke sind die Beschwerden bei Tigermückenstichen oft ausgeprägter und halten länger an3. So kann der Juckreiz nach einem Tigermückenstich mehrere Tage anhalten, während er bei einheimischen Mücken meist nach wenigen Stunden abklingt. Auch die Schwellungen und Rötungen sind bei Tigermückenstichen oft größer und können länger bestehen bleiben.
Durch Kratzen kann es zu Entzündungen oder bakteriellen Infektionen der Stichstelle kommen. In seltenen Fällen können daraus auch schwerwiegendere Hautinfektionen entstehen, die eine ärztliche Behandlung erfordern. Wer auf Mückenstiche besonders stark reagiert oder allergisch ist, sollte generell auf übermäßiges Kratzen verzichten und die Stichstelle sauber halten.
Behandlung von Tigermückenstichen
In der Regel sind Stiche der asiatischen Tigermücke in unseren Breiten zwar lästig, verlaufen aber meist ohne schwerwiegende Folgen. Um den Juckreiz und die Schwellung zu lindern, haben sich Gels oder Cremes mit antihistaminischen Wirkstoffen bewährt. Diese sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich und wirken gezielt gegen die Entzündungsreaktion und den Juckreiz.
Ebenfalls lindernd können kühlende Umschläge oder die Anwendung eines elektrischen Stichheilers wirken. Durch die gezielte Hitzeeinwirkung werden die juckreizauslösenden Proteine im Mückenspeichel zerstört, was zu einer schnellen Besserung der Beschwerden führen kann.
Treten nach einem Tigermückenstich ungewöhnliche Symptome wie hohes Fieber, starke Kopf- und Gliederschmerzen oder ein ausgeprägter Hautausschlag auf, sollte sicherheitshalber ärztlicher Rat eingeholt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verdacht besteht, dass man sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat, in dem Mücken tropische Viren übertragen.
Schutzmaßnahmen gegen die asiatische Tigermücke
Um Stiche der asiatischen Tigermücke zu vermeiden, empfiehlt sich die Verwendung von Mückenschutzmitteln. In unseren Breiten haben sich Präparate mit dem Wirkstoff Icaridin bewährt, der gut verträglich ist und zuverlässig vor Mückenstichen schützt. Für Reisen in tropische Risikogebiete kann auch der Einsatz von DEET-haltigen Mitteln sinnvoll sein, wobei hier auf eine korrekte Anwendung und Dosierung geachtet werden sollte, um mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden.
An heißen Tagen ist das Tragen von langärmeliger, heller Kleidung oft unpraktikabel. Dennoch kann auch bei leichter Kleidung die Wahl der Farbe einen Unterschied machen. Mücken werden von dunklen Farben stärker angezogen als von hellen. Wer also die Wahl hat, sollte an Tagen mit hoher Mückenaktivität eher zu hellen Oberbekleidungen greifen.
Da die Tigermücke ihre Eier bevorzugt in kleinen Wasseransammlungen ablegt, ist es wichtig, stehendes Wasser in der Umgebung von Wohnhäusern zu vermeiden. Regentonnen, Eimer, Vogeltränken, Blumenuntersetzer oder verstopfte Regenrinnen sollten regelmäßig geleert oder abgedeckt werden, um den Mücken keine Brutstätten zu bieten.
Auch wenn die asiatische Tigermücke seltener als einheimische Arten in Innenräume eindringt, kann sie durchaus durch offene Fenster oder Türen in Wohnungen oder Häuser gelangen. Am ehesten ist mit einem Auftreten der Tigermücke in der Nähe von Gebüschen, Hecken oder anderen Grünflächen zu rechnen, da sie sich tagsüber gerne an schattigen, windgeschützten Orten aufhält. Auch auf Balkonen und Terrassen, die an Grünanlagen angrenzen, sollte man besonders wachsam sein.
Um zu verhindern, dass Tigermücken in Innenräume eindringen, bieten Fliegengitter an Fenstern und Türen einen wirksamen Schutz. Diese sollten engmaschig sein und möglichst lückenlos abschließen. Auch der Einsatz von Ventilatoren auf Balkonen oder Terrassen kann helfen, die Mücken fernzuhalten, da sie starke Luftbewegungen meiden.

Weitere invasive Stechmücken-Arten auf dem Vormarsch
Neben der asiatischen Tigermücke gibt es noch weitere invasive Stechmücken-Arten, die in Zukunft in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Rolle spielen könnten. Dazu gehören vor allem die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus) und die Koreanische Buschmücke (Aedes koreicus).
Die Japanische Buschmücke wurde erstmals 2008 in der Schweiz und 2012 in Deutschland nachgewiesen. Seitdem hat sie sich in vielen Regionen Mitteleuropas etabliert und breitet sich weiter aus. Ähnlich wie die Tigermücke bevorzugt sie kleine Wasseransammlungen zur Eiablage und ist tagaktiv. Auch wenn sie bisher nicht als Überträgerin von Krankheiten in Europa in Erscheinung getreten ist, konnte in Laborversuchen gezeigt werden, dass sie prinzipiell in der Lage ist, Erreger wie das Dengue- oder das Chikungunya-Virus zu übertragen.
Die Koreanische Buschmücke wurde in Europa erstmals 2008 in Belgien gefunden und hat seitdem auch Teile Deutschlands besiedelt. Sie ähnelt in ihrer Lebensweise und ihren Ansprüchen der Japanischen Buschmücke und der Asiatischen Tigermücke. Auch bei dieser Art konnte in Laborversuchen eine Kompetenz zur Übertragung verschiedener Viren nachgewiesen werden, auch wenn bisher keine Fälle von Krankheitsübertragungen im Freiland bekannt sind.
Beide Arten stammen ursprünglich aus Asien und gelangten wahrscheinlich durch den internationalen Warenverkehr nach Europa. Sie sind in der Lage, sich an verschiedene Umweltbedingungen anzupassen und finden in immer mehr Regionen geeignete Lebensbedingungen vor. Da sie ähnliche ökologische Nischen besetzen wie die Asiatische Tigermücke, ist davon auszugehen, dass sie sich in Zukunft weiter ausbreiten werden.
Könnte auch in Mitteleuropa eine Gefährdung von Krankheitsübertragungen durch die asiatische Tigermücke entstehen?
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass die bloße Anwesenheit der Tigermücke nicht automatisch zu Krankheitsausbrüchen führt. Vielmehr müssen mehrere Faktoren zusammenkommen, damit die Mücke als Vektor für gefährliche Krankheitserreger fungieren kann. An erster Stelle steht dabei die dauerhafte Etablierung der Tigermücke in ausreichend großen Populationen. Dies scheint in einigen Regionen Mitteleuropas bereits der Fall zu sein4, wobei die Populationsdichte in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter zunehmen wird.
Ein zweiter entscheidender Faktor ist die Einschleppung von Krankheitserregern, die von der Tigermücke übertragen werden können. Hierzu zählen vor allem Viren wie Dengue, Chikungunya oder Zika. Diese Erreger müssen in ausreichender Zahl und Virulenz in die Verbreitungsgebiete der Tigermücke gelangen. Dies kann beispielsweise durch infizierte Reiserückkehrer aus tropischen Regionen geschehen. Mit der Zunahme des globalen Reiseverkehrs steigt auch die Wahrscheinlichkeit solcher Einschleppungen.
Die Rolle der Virulenz und Anpassungsfähigkeit der Erreger
Krankheitserreger, die von Stechmücken übertragen werden, haben im Laufe der Evolution spezifische Mechanismen entwickelt, um sowohl in der Mücke als auch im menschlichen Wirt erfolgreich zu sein. Diese evolutionäre Anpassung ist ein langwieriger Prozess, der sich über viele Generationen erstreckt.
Die Viren, die von der asiatischen Tigermücke übertragen werden können, weisen einige gemeinsame Merkmale auf. Sie sind in der Lage, sich sowohl in Wirbeltieren (meist Säugetieren oder Vögeln) als auch in Stechmücken zu vermehren5. Diese Fähigkeit zur Replikation in zwei sehr unterschiedlichen Wirtsorganismen ist eine bemerkenswerte Anpassungsleistung. Die Viren müssen in der Lage sein, verschiedene Gewebe der Stechmücke zu infizieren, insbesondere den Darm, die Hämolymphe und die Speicheldrüsen.
Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Fähigkeit der Viren, im Blut des Wirbeltierwirts eine ausreichend hohe Konzentration (Virämie) zu erreichen. Nur wenn die Viruskonzentration im Blut hoch genug ist, kann die Mücke beim Stechakt genügend Viren aufnehmen, um selbst infiziert zu werden. Gleichzeitig dürfen die Viren ihren Wirt nicht zu stark schädigen, da sie auf dessen Überleben angewiesen sind, um sich weiter verbreiten zu können.
Diese spezifischen Anpassungen machen es äußerst unwahrscheinlich, dass sich ein neuartiges Virus, wie beispielsweise SARS-CoV-2, in kurzer Zeit zu einem durch Mücken übertragbaren Erreger entwickeln könnte. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Virus, Vektor und Wirt erfordern eine lange evolutionäre Anpassung, die sich nicht innerhalb weniger Jahre vollziehen kann6. Das potenzielle Risiko beschränkt sich somit hauptsächlich auf die bereits bekannten, von Mücken übertragenen tropischen Krankheiten.
Potenzielle Szenarien für Krankheitsausbrüche
Obwohl in Mitteleuropa noch viele Hürden überwunden werden müssten, bevor sich tropische Krankheiten über die asiatische Tigermücke großflächig ausbreiten könnten, lässt sich die Möglichkeit lokaler Krankheitsausbrüche in Zukunft nicht vollständig ausschließen. Ein mögliches Szenario könnte wie folgt aussehen: In einer Region mit etablierter Tigermückenpopulation kehrt ein mit Dengue-Virus infizierter Reisender aus den Tropen zurück. Während der virämischen Phase, in der die Viruskonzentration im Blut hoch ist, wird der Reisende von lokalen Tigermücken gestochen. Diese Mücken infizieren sich mit dem Virus und geben es bei späteren Stichen an andere Menschen weiter.
Wenn die Bedingungen günstig sind - etwa während einer Hitzewelle, die die Vermehrung der Mücken und die Virusreplikation beschleunigt - könnte sich daraus ein lokaler Ausbruch entwickeln. Besonders gefährdet wären dabei dicht besiedelte städtische Gebiete mit vielen potenziellen Brutstätten für die Mücken. In solchen Szenarien könnten auch bisher in Europa wenig verbreitete Infektionen wie das West-Nil-Fieber oder das Usutu-Fieber eine größere Rolle spielen.
Prognosen für die Zukunft
Basierend auf den aktuellen Erkenntnissen und Entwicklungen lassen sich vorsichtige Prognosen für die Zukunft wagen. Es ist davon auszugehen, dass die asiatische Tigermücke ihr Verbreitungsgebiet in Mitteleuropa in den kommenden Jahren weiter ausdehnen wird. Modellrechnungen deuten darauf hin, dass sich die asiatische Tigermücke bis 2030 bis in weite Teile Deutschlands, der Schweiz und Österreich verbreitet haben könnte.
Mit der zunehmenden Etablierung der Mücke steigt auch die Wahrscheinlichkeit von Krankheitsübertragungen. Lokale Übertragungen von Dengue- oder Chikungunyafieber könnten in den nächsten 5-10 Jahren auftreten, vor allem in Gebieten mit hohem Touristenaufkommen und Warenverkehr. Großflächige Epidemien tropischer Viruserkrankungen sind in Mitteleuropa zwar auch längerfristig eher unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich auszuschließen.
Die hier skizzierten Szenarien und Prognosen sind mit Unsicherheiten behaftet und stellen mögliche Entwicklungen dar, wie sie sich aus Trendfortschreibungen und Modellrechnungen ableiten lassen. Die tatsächliche zukünftige Verbreitung der asiatischen Tigermücke und der von ihr übertragenen Krankheiten kann von diesen Vorhersagen abweichen und wird von vielen schwer vorhersehbaren Faktoren beeinflusst.Quellen
- Hawley, W. A.; Pumpuni, C. B.; Brady, R. H.; Craig, G. B. Overwintering survival of Aedes albopictus (Diptera: Culicidae) eggs in Indiana. Journal of Medical Entomology 26, 122-129 (1989). https://doi.org/10.1093/jmedent/26.2.122
- Thomas, S. M.; Obermayr, U.; Fischer, D.; Kreyling, J.; Beierkuhnlein, C. Low-temperature threshold for egg survival of a post-diapause and non-diapause European aedine strain, Aedes albopictus (Diptera: Culicidae). Parasites & Vectors 5, 100 (2012). https://doi.org/10.1186/1756-3305-5-100
- Kreß, A.; Kuch, U.; Oehlmann, J.; Müller, R. Effects of diapause and cold acclimation on egg ultrastructure: new insights into the cold hardiness mechanisms of the Asian tiger mosquito Aedes (Stegomyia) albopictus. Journal of Vector Ecology 41, 142-150 (2016). https://doi.org/10.1111/jvec.12206
- Pluskota, B.; Storch, V.; Braunbeck, T.; Beck, M.; Becker, N. First record of Stegomyia albopicta (Skuse) (Diptera: Culicidae) in Germany. European Mosquito Bulletin 26, 1-5 (2008). https://www.researchgate.net/publication/267362365_First_record_of_Stegomyia_albopicta_Skuse_Diptera_Culicidae_in_Germany
- Paupy, C.; Delatte, H.; Bagny, L.; Corbel, V.; Fontenille, D. Aedes albopictus, an arbovirus vector: From the darkness to the light. Microbes and Infection 11, 1177-1185 (2009). https://doi.org/10.1016/j.micinf.2009.05.005
- Azar, S. R.; Weaver, S. C. Vector Competence: What Has Zika Virus Taught Us? Viruses 11, 867 (2019). https://www.researchgate.net/publication/335947775_Vector_Competence_What_Has_Zika_Virus_Taught_Us